Wenn
Hannover auch keine Ackerbürgerstadt war, deren Bewohner
hauptberuflich Landwirtschaft betrieben hätten, so spielte
doch die Viehhaltung eine wesentliche Rolle in der Hauswirtschaft
der Bürgerfamilien. Dazu stand den Stadtbürgern ein
Hude- und Weiderecht in den Feldmarken der benachbarten Dörfer
zu. Schon in der Stadtrechtsurkunde von 1241 wird ein gemeinsames
Weiderecht angesprochen, ohne daß der Umfang damals genau
beschrieben worden ist. Da solche Rechte im Mittelalter oft
nach mündlicher Überlieferung und altem Herkommen
gehandhabt wurden und spätere schriftliche Fixierungen
darauf beruhten, ist anzunehmen, daß die aus späteren
Zeiten bekannten Begrenzungen in großen Zügen auch
damals schon gegolten haben. Die Grenze folgte im Westen dem
Lauf der Leine bis Stöcken, von dort verlief sie dann
weiter über Engelbostel, Schulenburg, Godshorn, Brink,
Langenhagen, Bothfeld, Groß Buchholz, Kirchrode und Wülfel
und erreichte bei Laatzen die Leine wieder. Der Schiffgraben,
der gleichzeitig Landwehr gegen das Territorium des Bischofs
von Hildesheim war, trennte das hannoversche Hude- und Weidegebiet
in einen nordwestlichen und einen südöstlichen Teil.
Aus
der vorliegenden Karte ist zu ersehen, daß Ackerflächen
inselartig in einem weitgehend unkultivierten Gebiet von Heide,
Buschwerk und Grasland lagen. Voraussetzung für die extensive
Weidewirtschaft waren weite, für die Herden ungehindert
zugängliche Flächen. Das Hude- und Weiderecht bedeutete
für die Landgemeinden durchaus eine Belastung. Auf der
anderen Seite bedeutete jede Veränderung innerhalb des
Hude- und Weidegebietes eine Beeinträchtigung lebenswichtiger
Interessen der Stadt Hannover. So verwundert es nicht, daß es
um Fragen wie den genauen Grenzverlauf an einzelnen Punkten,
die Ausweisung neuer Ackerflächen oder die Einfriedung
bestimmter Areale immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen
der Stadt Hannover und den Ämtern Langenhagen und Coldingen
kam. Für das nördliche Gebiet legt der Hude- und
Weide-Rezeß Erichs 1. vom 22. Juli 1529 die Grenzen erstmals
schriftlich fest. Für die Stadtbürger war auch die
gleichmäßige Nutzung der Hude und Weide durch alle
Berechtigten wichtig. So bestimmte schon ein Ratsbeschluß aus
dem Jahre 1368: "Kein Bürger soll, bei Strafe, einen
besonderen Hirten halten, vielmehr soll der Stadthirte sämtliches
Vieh treiben". Und 1432 wurde festgelegt, daß Eigentümer
eines Bürgerhauses sechs Kühe und Budenbesitzer,
wenn sie ihren städtischen Verpflichtungen nachkommen,
*jeweils zwei Kühe in der städtischen Herde haben
durften. Wer seine Kühe in die Masch und die Ohe trieb,
war an diese Zahlen nicht gebunden, konnte aber nicht gleichzeitig
am Austrieb in die Hude- und Weidegebiete teilnehmen. Auch
der Viehtrieb in der Eilenriede wurde gesondert behandelt.
Nach einer Aufstellung "Welche Bürger in die Eilenriede
treiben lassen- von 1664 grasten damals 105 Kühe im Stadtwald.
Erst die Ablösungsordnung vom 23. Juli 1833 und die daran
anschließende Gemeinheitsteilung hat die Eigentumsstrukturen
an den Feldfluren so verändert, daß der städtische
Viehaustrieb nicht mehr möglich war.
aus
: E-H 42 Hannover Archiv Ergänzungsband III
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